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Auf zum Gipfel

In seinen Marktkommentaren fasst Börsenexperte und Geschäftsführer Sören Weigelt (rechts) das aktuelle Geschehen an den Finanzmärkten zusammen und ordnet diese ein.

Die Amerikaner wagten zuerst den Gipfelsturm, kurz schauten wir über 30.000 Punkte beim Dow Jones, schnupperten neue Rekordluft. Jetzt wird natürlich erstmal der Sauerstoff knapp. In der Historie gelang es nicht so oft, aus dem Stand heraus, den absoluten Höchstwert, im ersten Anlauf nachhaltig zu überbieten. Mehrere Versuche können dafür notwendig sein. Aus der technischen Betrachtung heraus wäre eine Verschnaufpause jetzt das Beste, was uns passieren kann. Demgegenüber steht das saisonale Muster, ein Dezember zählt schon immer zu den stärkeren Börsenmonaten. Kurzfristig bereitet hingegen ein ganz anderer Aspekt gewisse Sorgen. Nur sechs amerikanische Aktien bilden derzeit einen unglaublichen Börsenwert von 8 Billionen US-Dollar ab. Dazu gehören Tesla, Alphabet, Amazon, Apple & Co. Dieser Fakt allein wäre an sich kein Problem, eine Korrektur in den genannten Aktien muss so oder so kommen. Die Bewertung ist der Realität meilenweit vorausgelaufen. Zum jetzigen Zeitpunkt weist aber diese kleine Gruppe eine Marktkapitalisierung von über 25 Prozent im wichtigen Index, S&P 500, auf. So etwas hat es noch nie gegeben, es besteht ein unheimliches Klumpenrisiko. Zudem haben sich 4,5 Millionen amerikanische Privatanleger wie die Lemminge in diesen Titeln (Schwerpunkt Tesla) mit einem Großteil ihres Vermögens engagiert. Ein deutlicher Kursrückgang bei den beschriebenen Stars würde unweigerlich auch die Indizes in beträchtliche Turbulenzen bringen. Weiterhin hat sich nun einer der wichtigsten Hedgefondsmanager auf Tesla eingeschossen. Mit großen Summen beginnt er einen Short, wettet auf fallende Kurse beim Elektroautobauer. Natürlich könnte uns dieser Einzelangriff egal sein, hinter dem Ganzen steckt im Kontext zumindest ein Warnsignal. Genau dieser Mensch zwang mit einer ähnlichen Attacke vor 12 Jahren Lehman Brothers in die Knie. Das Ende ist bekannt. In Deutschland sieht die Gemengelage entspannter aus. Unser Aktienmarkt ist gesund, wesentlich breiter aufgestellt. Die Bewertungen passen, Übertreibungen, wie oben beschrieben, sind weit und breit nicht zu sehen. Für mich bleibt der einheimische Markt der interessanteste überhaupt. Trotzdem kann ein Stresstest in den Vereinigten Staaten auch hier seine Spuren hinterlassen. Auf lange Sicht wäre es nur ein kurzzeitiger Unfall, am großen Aufwärtstrend würde sich nichts ändern. Wir bleiben entspannt vorsichtig, lauern auf mögliche Chancen.

Kleiner Ausverkauf und seitwärts

Bei den Edelmetallen ging es zuletzt ordentlich zur Sache. Die Richtung konnte uns selbstverständlich nicht gefallen. Im Eiltempo rauschte Gold von 1.900 USD bis 1.770 USD herunter. Prozentual sah die Entwicklung beim kleinen Bruder (Silber) naturgemäß noch unheilvoller aus. An den ersten Unterstützungsmarken drehten die Preise, legten gestern einen ersten beeindruckenden Kurzsprint nach oben auf das Parkett. Dieser muss jetzt bestätigt werden, dann wäre die Welt wieder in Ordnung. Folgt noch ein zweiter Abverkauf, muss Gold die Grenze von 1.700 USD unbedingt verteidigen. Der gestiegene Risikoappetit, die Impfstoffe sowie Kryptowährungen machen es den Edelmetallen schwer. Wir lassen uns von dem Geplänkel nicht aus der Ruhe bringen. Bis 2025 sollte Gold 3.000 USD erreichen können.  Silber befindet sich in einer noch interessanteren Ausgangsposition. Die neue US-Regierung hat einen grüneren Anstrich. In jeder Solaranlage wird Silber verbaut. Hier kommt also zusätzliche Fantasie ins Spiel. Öl verdaut die Zuwächse und sollte im besten Fall vorerst seitwärts laufen.

Stoische Zinsanleger

An dieser Front passiert nichts. Die Zeilen sind das Papier nicht wert, auf dem geschrieben wird. Solange der Bund-Future in der Bandbreite von 170-177 Zähler notiert, bleiben wir stiller Zuschauer.

Auf zum Gipfel
Zum Autor: Sören Weigelt verfügt über 25 Jahre Berufserfahrung in der Finanzindustrie. Seine Leidenschaft ist die Börse. Bevor er die Mitteldeutsche Vermögensberatung Weigelt & Co. GmbH gegründet hat, war er von 2006 bis 2011 als Vermögensverwalter und zusätzlich zwischen 2006 und 2008 als Mitglied des Vorstandes der Adlatus AG tätig. In den Jahren 2002-2006 verantwortete er als Geschäftsführender Gesellschafter die Vermögensverwaltung in der Adlatus GmbH. Er ist Mitbegründer der Adlatus GmbH. Als Wertpapierspezialist bei der HypoVereinsbank AG in Chemnitz betreute er von 1997-2002 ein Kundenvermögen von EUR 100 Mio. Zusätzlich war er zwischen 2000 und 2002 als Leiter der Wertpapierabteilung sowie als Stellvertretender Leiter der Vermögensanlage Sachsen tätig. Er führte ein Team von 40 Mitarbeitern in verschiedenen Filialen. Eine Auszeichnung als einer der erfolgreichsten Individualkundenbetreuer erfolgte im Jahre 2000 in Form eines Auslandsaufenthalts bei der HypoVereinsbank AG in New York. Sören Weigelt begann seine Karriere nach Abschluss der Lehre zum Bankkaufmann als Kundenberater (1991-1993) und im Anschluss als Individualkundenbetreuer (1995-1997) in der Bayerische Vereinsbank AG. Sören Weigelt verfügt über einen Abschluss der Bankakademie Frankfurt/M. als geprüfter Bankfachwirt. Er ist auch Vortragsredner und Kolumnist.