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Fragen über Fragen

Börsenexperte Sören Weigelt berät Sie gerne rund um die Themen Börse, Aktien und Co. Schreiben Sie uns!

Die wichtigste Frage von den vielen bleibt auch Anfang Juli unbeantwortet. Wird uns der Gashahn komplett abgedreht und wann erfolgt so ein Schritt? Beim Eintreten des schlimmsten Ereignisses würde es sofort zu einem weiteren Ausverkauf kommen. Dieser beinhaltet ein Risiko von zusätzlichen 20 Prozent im DAX. Aus diesem Grund sind wir derzeit zum Zuschauen verdammt. Für den eventuellen Unfall brauchen wir die Barquote, um handlungsfähig zu bleiben. Wenn der Stopp der Gaslieferungen tatsächlich erfolgt, wird mit Käufen auf dem deutschen Aktienmarkt reagiert. Trotz verheerender Stimmung unter den Investoren finden die Kurse weiterhin keinen Boden. In den Medien bekommen wir ausschließlich Hiobsbotschaften präsentiert. Dadurch verfärbt sich der schwarze Pessimismus noch schwärzer. Zuletzt startete die Börse 1970 so schlecht in das erste Halbjahr, wie wir es heute erleben müssen. Anwesende Zeitzeugen stellen eher eine Minderheit dar. Trotzdem lohnt ein Blick in die Geschichtsbücher. Historie wiederholt sich nie gleich, dessen ungeachtet gibt es unzählige Parallelen in den Verhaltensmustern. Dabei ist die Analyse der Ölkrise von 1973 am besten geeignet. Damals drehten die arabischen Staaten wegen einem Krieg in der Region die Ölpipelines zu. Ähnliche Schlagzeilen färbten die Gazetten aus jener Zeit. Als Folge verlor der Deutsche Aktienindex 25 Prozent an Wert. Im heutigen Kontext stünde demzufolge ein DAX von rund 12.200 Punkten zu Buche. Tiefere Kurse sind aufgrund einiger Besonderheiten jetzt natürlich möglich, es stellt lediglich eine Orientierungshilfe dar. Jedes Bauchgefühl spricht wegen der Gesamtsituation für einen sofortigen Verkauf aller Positionen. Als Erlös würden wir Eurogutschriften auf dem Konto erwarten. Unsere Währung ist zum US-Dollar auf den tiefsten Stand seit 20 Jahren gefallen. Das hat seine Gründe. Vor zwei Wochen musste der Euro im stillen Kämmerlein gerettet werden. In den kommenden Jahren sollen bis zu 800 Mrd. Euro p.a. an neuerlichen Stützungsmaßnahmen die Gemeinschaftswährung am Leben halten. Im Außenwert drohen abermalige Abschläge von bis zu 20 Prozent. Ob das fragile Konstrukt am Ende überlebt, steht in den Sternen. Demnach halten wir wesentlich lieber Sachwerte wie Aktien oder Edelmetalle. Natürlich können dort riesige Buchverluste auftreten. Eine deutliche Erholung davon wird es geben, das hat die Geschichte immer bewiesen. Mit Papiergeld ist das so eine Sache, unsere Vorfahren können ein trauriges Lied davon singen.

Rohstoffe mit kalten Füßen

Am Ende hat es die Edelmetalle ebenso erwischt. Gold rutschte deutlich unter 1.800 USD, bei Silber erfolgte ein regelrechtes Schlachtfest. Beim weißen Metall fand die größte Verkaufswelle seit drei Jahren über die Terminmärkte statt. An diesen Beispielen zeigt sich eindrucksvoll die absolute Irrationalität. Wenn nur die Gefühle das Ruder übernehmen, ist alles möglich. Mitten in mehreren großen Krisen sowie gerade schwächeren Zinsen fliegen Gold & Co aus den Depots. Wenn Krieg und Inflation herrscht sollte das Gegenteil der Fall sein. In der Panik herrscht keine Vernunft. Mittlerweile geht die große Masse unausweichlich von einer Rezession aus. Insbesondere Gold konnte dann in der Vergangenheit überdurchschnittlich abschneiden. In den zurückliegenden 50 Jahren zählten Analysten 7 Rezessionen in den Vereinigten Staaten. Während dieser Zeit wies Gold gegenüber dem amerikanischen Aktienmarkt im Schnitt eine fünfzigprozentige Überperformance aus. Zweigeteilt laufen die übrigen Rohstoffe. Solange Krieg sowie Diskussionen zur Grundversorgung im Mittelpunkt stehen gibt es hier keine Entspannung. Lediglich Öl fällt etwas aus der Übertreibungskonstellation (Dienstag fast minus 10%), obwohl neue Kursziele von bis zu 380 USD pro Barell in den Ring geworfen wurden. Aus meiner Erfahrung sage ich, wenn solche Hammerzahlen auftauchen, ist eher eine Beruhigung mit anschließender Schwäche die Konsequenz. Industriemetalle rauschen auf den tiefsten Stand seit drei Monaten, die Rezessionsängste spielen eine Rolle. Positiv wäre, dass der Inflationsdruck von dieser Seite nachließe.

Inverse Zinskurve?

Als Angstbarometer stellt der Bund-Future eine sinnvolle Ergänzung dar. Über 151 Punkte katapultierte die grassierende Furcht den Rentenindex. Dadurch wird sogar der seit Monaten vorherrschende Zinsanstieg rasant gestoppt. Die zehnjährigen Staatsanleihen der USA verringerten ihre Rendite von 3,30% auf 2,80% p.a. Damit rückt für einige Marktteilnehmer eine inverse Zinskurve in den Bereich des Möglichen. Hier würden die kurzfristigen Sätze die langfristigen übersteigen. Beobachter sehen darin ein Barometer für die befürchtete Rezession. Den nachhaltigen Test dafür erleben wir in Kürze.

Fragen über Fragen
Zum Autor: Sören Weigelt verfügt über 25 Jahre Berufserfahrung in der Finanzindustrie. Seine Leidenschaft ist die Börse. Bevor er die Mitteldeutsche Vermögensberatung Weigelt & Co. GmbH gegründet hat, war er von 2006 bis 2011 als Vermögensverwalter und zusätzlich zwischen 2006 und 2008 als Mitglied des Vorstandes der Adlatus AG tätig. In den Jahren 2002-2006 verantwortete er als Geschäftsführender Gesellschafter die Vermögensverwaltung in der Adlatus GmbH. Er ist Mitbegründer der Adlatus GmbH. Als Wertpapierspezialist bei der HypoVereinsbank AG in Chemnitz betreute er von 1997-2002 ein Kundenvermögen von EUR 100 Mio. Zusätzlich war er zwischen 2000 und 2002 als Leiter der Wertpapierabteilung sowie als Stellvertretender Leiter der Vermögensanlage Sachsen tätig. Er führte ein Team von 40 Mitarbeitern in verschiedenen Filialen. Eine Auszeichnung als einer der erfolgreichsten Individualkundenbetreuer erfolgte im Jahre 2000 in Form eines Auslandsaufenthalts bei der HypoVereinsbank AG in New York. Sören Weigelt begann seine Karriere nach Abschluss der Lehre zum Bankkaufmann als Kundenberater (1991-1993) und im Anschluss als Individualkundenbetreuer (1995-1997) in der Bayerische Vereinsbank AG. Sören Weigelt verfügt über einen Abschluss der Bankakademie Frankfurt/M. als geprüfter Bankfachwirt. Er ist auch Vortragsredner und Kolumnist.