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Tanz in den Mai

Börsenexperte Sören Weigelt berät Sie gerne rund um die Themen Börse, Aktien und Co. Schreiben Sie uns!

Mit welcher Melodie dieser Tanz auf dem Parkett unterlegt wird, bleibt offen. Beim genauen Hinschauen traten in den zurückliegenden Wochen bereits zwei Orchester auf. Nach langer Verwöhnungszeit hören die Investoren von Technologieaktien seit Februar nur noch Mollklänge. In der zweiten sowie dritten Reihe fallen die Kurse wie Steine vom Himmel. Einen weiteren Höhepunkt bei diesem Ausverkauf gab es diesen Montag. Dort mussten trotz zuletzt gemeldeter Traumzahlen auch die Flaggschiffe das erste Mal Federn lassen. Tesla, das Synonym für den letzten Techno-Hype, verlor vom Allzeithoch im Februar über 30 Prozent an Wert, wird diesen Kurs auf Ewigkeiten nicht wiedersehen. Bei kleineren Unternehmen aus der Hochtechnologie sind Abschläge von 50 Prozent und mehr keine Seltenheit. Damit steht der auf den Thron des Olymps gesetzte Investmentstern von 2020, Cathie Woods, mit dem Rücken zur Wand. Sie pumpte unentwegt Riesensummen in die viel zu hoch bewerteten Aktien, tut es zum Teil immer noch mit den unlogischsten Argumenten. Die Verkaufswelle konnte sie damit trotzdem nicht aufhalten, die Wucht des Marktes nahm noch nie Rücksicht auf irgendeinen „Star“. Etliche ihrer Lieblingstitel befinden sich in ETF’s (Indexfonds). Bei dauerhafter Schieflage kann es zu Zwangsliquidationen kommen, was den Druck dann noch verschärft. Wir haben uns seit langer Zeit aus diesen Sektoren weitgehend zurückgehalten. Den Dur-Klang können seit der Jahreswende die Anleger der lange verschmähten Value-Aktien genießen. Dazu zählen klassische Unternehmen der Alten Industrien sowie Zykliker. Im Mai steht nun ebenso dieser Bereich zur Prüfung an. Gestern stieg der viel beachtete ZEW-Index (einheimische Konjunkturerwartungen) auf den höchsten Stand seit 20 Jahren. Deutschland sowie viele andere Staaten sehen bei der Pandemie Lichtblicke, überholen sich bei Öffnungsperspektiven. Trotzdem kippt der Deutsche Aktienindex nach unten. Eindrucksvoll zeigt sich die so oft beschriebene Unlogik der Börse. Damit kommt es doch noch zum Härtetest für unseren DAX, der Markt weiß nicht mehr so recht weiter. Zwischen 15.000 und 15.500 wird sich der Kampf für den kurzfristigen Trend entscheiden. Unterschreiten wir den unteren Korridor winkt ein Risiko von 10 Prozent im Index. Brechen wir Richtung Norden aus, sollen 16.000 Punkte die neue Zielmarke sein. Dafür geben die US-Märkte den Rhythmus vor. Und genau dieser bleibt für die Weltbörsen die Achillesferse. Berechnet man das CAPE (Zyklisch bereinigtes Kurs-Gewinnverhältnis) für amerikanische Aktien wird einem schwindlig. Seit 1850 erreicht es per heute den zweithöchsten Stand in der Geschichte. Nur vor dem Platzen der Internetblase stand diese Kennzahl höher. Wir sollten also weiter demütig sowie achtsam bleiben.

Lust auf mehr?

Im derzeit unruhigen Umfeld konnten sich am ehesten die Rohstoffe behaupten. Industriemetalle laufen seit geraumer Zeit wegen des kommenden Wirtschaftsaufschwungs zu Hochform auf. Hier sind die Preise zu weit gerannt, eine Pause muss her. Bei den noch vor Wochen schwachen Edelmetallen beschleunigte sich dieser Tage das Absetzen aus der Risikozone. Bei Silber sticht die stärkere Zuversicht hervor. In der fünften Woche hintereinander deckten sich Terminmarktakteure mit Kontrakten für steigende Notierungen ein. Eine echte Reifeprüfung aber würde erst das Preisverhalten bei Turbulenzen am Aktienmarkt abgeben. Denn vor gut einem Jahr kamen die Edelmetallpreise genauso unter die Räder wie die Aktienkurse, stellten damit nicht die erhoffte Depotabsicherung dar.

Anleihekurse auf wackligem Fundament

Mittlerweile können selbst die kühnsten Optimisten für den Rentenmarkt den Schwächeanfall nicht mehr leugnen. In der Realwirtschaft steigen die Preise aufgrund reger Nachfrage oder Produktknappheit. Dieser Prozess hat gerade erst begonnen, dürfte noch eine Weile anhalten. Damit steigt unweigerlich der Inflationsdruck. Beim deutschen Anleihebarometer, Bund-Future, fallen zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit die 170 Punkte. Das riecht nach Ausbruch Richtung Süden, würde bei einer Bestätigung in den nächsten Tagen zusätzliche Käufe in diesem Sektor nach sich ziehen.

 

Tanz in den Mai
Zum Autor: Sören Weigelt verfügt über 25 Jahre Berufserfahrung in der Finanzindustrie. Seine Leidenschaft ist die Börse. Bevor er die Mitteldeutsche Vermögensberatung Weigelt & Co. GmbH gegründet hat, war er von 2006 bis 2011 als Vermögensverwalter und zusätzlich zwischen 2006 und 2008 als Mitglied des Vorstandes der Adlatus AG tätig. In den Jahren 2002-2006 verantwortete er als Geschäftsführender Gesellschafter die Vermögensverwaltung in der Adlatus GmbH. Er ist Mitbegründer der Adlatus GmbH. Als Wertpapierspezialist bei der HypoVereinsbank AG in Chemnitz betreute er von 1997-2002 ein Kundenvermögen von EUR 100 Mio. Zusätzlich war er zwischen 2000 und 2002 als Leiter der Wertpapierabteilung sowie als Stellvertretender Leiter der Vermögensanlage Sachsen tätig. Er führte ein Team von 40 Mitarbeitern in verschiedenen Filialen. Eine Auszeichnung als einer der erfolgreichsten Individualkundenbetreuer erfolgte im Jahre 2000 in Form eines Auslandsaufenthalts bei der HypoVereinsbank AG in New York. Sören Weigelt begann seine Karriere nach Abschluss der Lehre zum Bankkaufmann als Kundenberater (1991-1993) und im Anschluss als Individualkundenbetreuer (1995-1997) in der Bayerische Vereinsbank AG. Sören Weigelt verfügt über einen Abschluss der Bankakademie Frankfurt/M. als geprüfter Bankfachwirt. Er ist auch Vortragsredner und Kolumnist.