Unter großen Schwankungen verbuchten die Bullen (Käufer/Optimisten) einen weiteren kleinen Etappensieg. Im Anschluss der erwarteten Zinserhöhung seitens der amerikanischen Notenbank um 0,75 Prozent verdarben Aussagen zur zukünftigen Politik eine mögliche Party. Noch sei der Zyklus von Zinsanhebungen nicht am Ende, die Inflation muss konsequent bekämpft werden. Dadurch gerieten die Kurse massiv unter Druck. Am Freitag stand dann der Arbeitsmarktbericht der Vereinigten Staaten im absoluten Mittelpunkt, da dieser einer der entscheidenden Parameter für Entscheidungen bei Zinsen darstellt. Auf den ersten Blick erschienen starke Daten. 261.000 neu geschaffene Stellen ließen die Indizes vorläufig abstürzen. Eine leicht gestiegene Arbeitslosenrate sowie ein großer Rückgang bei Haushaltszählungen mit entsprechender Beschäftigung löste urplötzlich erhebliche Kauflust unter den Börsianern aus. Sofort keimte Hoffnung für eine weniger restriktive Geldpolitik auf. Wenn der Wald am dunkelsten ist, suchen die nervenstärksten Investoren nach dem kleinsten Lichtblick. Folglich kommt es zu überraschenden Verläufen. Mit den Zwischenwahlen (Senat und Repräsentantenhaus) stehen die USA zusätzlich im Rampenlicht. Dabei fiel die erwartete Stärkung der Republikaner bescheiden aus. Die Regierung um Biden erhielt einen kleineren Denkzettel. Viel interessanter ist der davon ausgehende psychologische Aspekt. Bei allen sogenannten Midterm-Wahlen seit 1950 legte die Wall-Street im Nachhinein eine positive Tendenz auf das Parkett. Natürlich geht es hier nur um einen weichen Fakt. Selbsterfüllende Prophezeiungen dürfen an der Börse keinesfalls unterschätzt werden. Unter die Räder gerieten zum wiederholten Male Technologieaktien. Allein in der zurückliegenden Woche kamen über 1 Billion USD an Verlusten dazu. Nun geht es ebenso an das Tafelsilber, Apple sei stellvertretend genannt. Ganz am Rande entpuppt sich ein alter Hemmschuh zum treibenden Keil. Als Folge des Kriegsausbruchs investierte der überwiegende Teil der Anleger mit Short-Wetten auf fallende Notierungen. Aktien, die man nicht besitzt, werden verkauft, mit dem Ziel des späteren Rückerwerbs zu tieferen Ständen. Gerade wächst der Druck auf diese Gilde immens. Irgendwann müssen die Verpflichtungen, egal zu welchem Preis, eingedeckt sein. Schlussendlich kommen solche Käufe für anhaltende Kurserholungen ins Spiel. Per heute finden wir eine überkaufte technische Situation vor. Entweder erfolgt der Abbau über den berühmten Schritt zurück oder eine Seitwärtsbewegung. Überraschungen bleiben immer möglich. Die deutsche Industrie steigerte zuletzt die Produktion bemerkenswert, verbunden mit einem erheblich verringerten Gasverbrauch.
Edelmetalle wenden am Tiefpunkt
Kurz vor dem Fall aus dem Trend nach unten erfolgte die Wende. Der minimale Hoffnungsschimmer vom US-Arbeitsmarkt gab dafür den Anstoß. So robbte Gold an den schwer durchbrechbaren Widerstand von 1.680 USD heran, durchbrach danach sogar 1.700 USD. Silber sprang direkt über 20 USD, löst damit ein Kaufsignal aus. Demnächst erleben wir die Prüfung, ob ein Strohfeuer vorliegt oder an einer Wende gebastelt wird. Innerhalb des Einzelhandels zieht die Goldnachfrage mit einem Plus von 28 Prozent im 3. Quartal merklich an. Außerdem bedienen sich die Notenbanken mit einem der größten Investitionsschübe aller Zeiten von 400 Tonnen beim gelben Metall. Ein Anfang scheint gemacht. Alle übrigen Rohstoffe pendeln seitwärts, versuchen den Prozess einer Normalisierung.
Nach der FED
Verrückte Zeiten erleben die Rentenmärkte. Als Konsequenz entsteht eine inverse Zinskurve. Für kurze Laufzeiten erhält der Anleger höhere Zinsen als für Langfristpapiere. In der Praxis liegt die Rendite von zweijährigen Anleihen 0,5 Prozent über denen der meistbeachteten Zehnjährigen (USA). Solche Verhältnisse gab es seit den 1980er Jahren nicht. Volkswirte gehen dadurch von einer schweren Rezession aus. Tritt diese dann tatsächlich ein, wird die Federal Reserve ihre harte Gangart ändern. Eine normalere Kurve bei den Zinsen wäre die Folge.