An der Börse gibt es keine Alltagslogik. Die vorherrschende Funktionsweise ist vollkommen unlogisch. In den letzten Tagen konnten sich die Aktienmärkte einigermaßen stabilisieren und starteten gefasst in den gefürchteten September. Dabei „stützten“ eine Reihe von schlechten Wirtschaftsdaten die Kurse. In Europa sowie Deutschland zeigen etliche ökonomische Indikatoren auf eine starke Abkühlung hin. Unsere Exporte, das Verbrauchervertrauen, Auftragsbestände und weitere Faktoren vollziehen einen Sinkflug. Bis auf die Vereinigten Staaten kränkelt die Weltwirtschaft. Kürzlich mehrten sich aber die Anzeichen für erste Schrumpfungstendenzen innerhalb der letzten Bastion. Am vergangenen Freitag sendete der zuletzt noch robuste US-Arbeitsmarkt dementsprechende Signale. Die unzähligen Zinserhöhungen zeigen Wirkung. Trotz allem halten die Aktienkurse bisher bestmöglich dagegen. Auf der einen Seite spekuliert ein Teil der Investoren auf das Ende der Zinsanhebungen wegen der oben dargelegten Entwicklung. Für die Dividendentitel wäre es einer der entscheidendsten Stützungsgründe. Eine andere Gilde von Anlegern wird in den folgenden Monaten auf einen Politikwechsel in den wichtigen Volkswirtschaften setzen. Die Gegenwart ist trostlos, der Markt schaut aber in die Zukunft. Zuerst liegen die Präsidentschaftswahlen (November 2024) in den Vereinigten Staaten an. Vor solchen Ereignissen verlief die Börse oft freundlich. Neuer Schwung in der Innen- und Außenpolitik stünde einem zerrissenen Amerika in jeder Beziehung gut. Einschneidender sollte der Umbruch in Deutschland ausfallen. In spätestens 24 Monaten endet das Experiment „Ampel“. Für die anschließende Dekade stehen die Chancen auf eine wirtschaftsfreundlichere Regierung am höchsten. Unser Land könnte dadurch die vorherrschenden Knoten lösen, ein weiteres ökonomisches Wunder entfachen. Bis dahin müssen unsere Unternehmenslenker clevere Auswege finden. Wann beginnt diese Wette? In den westlichen Medien liest man über China kein gutes Wort. Der einstige Gigant wurde zum Patienten. Trotzdem legt die dortige Wirtschaftsleistung im Jahr 2023 um 5 Prozent zu. Wir würden bei solchen Wachstumsraten vor Lachen nicht in den Schlaf finden. Außerdem gibt es in China keinerlei Inflation, die Zinssätze liegen tief und die Regierung hat die Zeichen der Zeit erkannt. Jede Woche wird ein Konjunkturpaket geschnürt. Nun erhält die Chipindustrie einen Förderfonds von 40 Milliarden USD. Das Land sollte noch nicht abgeschrieben werden. Deutsche Firmenbosse halten dem so wichtigen Handelspartner weitgehend die Treue. Ein mögliches Comeback im Reich der Mitte hätte sofort positive Effekte auf die Weltwirtschaft. Hoffentlich finden die Politiker versöhnlichere Töne im akut schwelenden Konflikt zwischen Ost und West. Der September bleibt eine Herausforderung. Kommt es zu einem starken Rückgang der Kurse, befinden wir uns auf der Käuferseite.
Zweideutigkeit im Edelmetallsektor
Im weitesten Sinne konnten die Edelmetalle ihr kleines Comeback verteidigen. So notiert Gold über der wichtigen Grenze von 1.900 USD. Silber rutschte dagegen unter die Marke von 24 USD. Im Fadenkreuz der deutlichen Drohungen seitens der Notenbanken ist dies ein gewisses Zeichen. Unterstützung bekamen die Notierungen von den oben erwähnten düsteren Konjunkturprognosen. Die Optimisten setzen auf eine weniger restriktive Geldpolitik der Währungshüter. Zinsen konkurrieren mit Gold & Co. Je niedriger der Ertrag für sichere Anlagen ausfällt, umso besser ist die Situation für die glänzenden Rohstoffe. Mittlerweile gehen professionelle sowie private Anleger von steigenden Preisen bei Edelmetallen aus. Kurzfristig könnte sich dies als Kontraindikator herausstellen. Auf mittlere und lange Sicht sehen die Rahmendaten allerdings hervorragend aus. Öl wagt sehr vorsichtig den nächsten Schritt in Richtung 90 USD. Der Aufwärtstrend bleibt intakt. Ganz nebenbei zeigt so ein Verlauf keinen gigantischen globalen Wirtschaftseinbruch an. Noch immer ist der Preis des Schwarzen Goldes ein Seismograf für die Zukunft oder auch ein ökonomischer Frühindikator.
Zwischen Baum und Borke
Beim Notenbanktreffen in Jackson Hole machte Jerome Powell keinen Hehl daraus, dass er zukünftig die Inflation weiter hartnäckig bekämpfen möchte. Er träumt von seinem utopischen Ziel einer Inflationsrate von 2 Prozent p.a. Dafür nimmt der Chef der Federal Reserve sogar eine Rezession in Kauf. Die Fehler der Vergangenheit möchte Powell nun rigoros ausmerzen. Staatsmännische Weitsicht würde ihm dagegen besser zu Gesicht stehen. Endlich bekommt der Hardliner in den eigenen Reihen den ersten Gegenwind. Die Stimmen für ein Ende der straffen Zinspolitik werden immer lauter. Dieser Machtkampf begleitet uns in den folgenden Wochen.