Mehrfach beschrieben wir hier die Möglichkeit einer Atempause. Unmittelbar nach der Sitzung der Europäischen Zentralbank gingen die Aktienkurse auf Tauchstation. Von den Medien wurde nicht die Zinsanhebung als solches, sondern die harschen Töne von Frau Lagarde zur zukünftigen Geldpolitik als Ursache festgehalten. Sicherlich trugen ihre Kommentare nicht zu einer Fortsetzung der Stabilisierung bei. In der Hauptsache herrschte hier aber ein uraltes Börsenphänomen. Es handelt sich um den sogenannten „Fait accompli“-die vollendete Tatsache. Wenn am Ende ein erwartetes Ereignis zur Realität wird, treten in so einem Fall gegensätzliche und auf den ersten Blick unlogische Reaktionen ein. Die Investoren hatten mit Blick auf einen kleineren Zinsschritt die Kurse vorher kontinuierlich in die Höhe getrieben. Nach Bekanntgabe der tatsächlichen Entscheidung schlugen die Notierungen unverzüglich den Rückwärtsgang ein. Außerdem musste mit einem Rücksetzer gerechnet werden. An der Börse verläuft nichts geradlinig. Seit 400 Jahren gilt der Rhythmus in der Aufwärtsbewegung mit zwei Schritten nach oben und einem zurück. Lichtblicke der deutschen Wirtschaft geben zusätzliche Argumente für ein besseres Börsenjahr 2023. Während des Monats Dezember gibt es beim ifo-Geschäftsklimaindex die erhoffte Wende. Die Stimmung zur wirtschaftlichen Entwicklung hellt sich spürbar auf. Vorher war der Lage-Index sechsmal in Folge gefallen. Die Hoffnung stirbt eben doch zuletzt. Obendrauf wächst trotz aller Krisen der Auftragsbestand der heimischen Ökonomie. Ohne neue Aufträge könnten unsere Betriebe 7,6 Monate weiter produzieren. Unter Umständen ist die laufende Korrektur noch nicht abgeschlossen. Ein gewisses Restrisiko von ein paar hundert Punkten im DAX bleibt. Danach sollte die Aufwärtsbewegung ihre Fortsetzung finden. Vorsichtige Käufe wurden bereits absolviert.
Wehrhaft gegen die Notenbanken
An die aktuelle Stärke der Edelmetalle müssen wir uns noch gewöhnen. Seit mehreren Jahren gab es immer wieder Fehlsignale, kein Trend konnte sich mit Nachhaltigkeit etablieren. Deswegen regiert weiterhin die Vorsicht. An der Börse wird eben nicht geklingelt. Neue Bewegungen entstehen, wenn kein Mensch damit rechnet. Vor ein paar Monaten hätten die jetzigen Kommentare der Notenbanken riesengroßen Schaden bei den Preisen von Gold und Silber angerichtet. Dieses Mal kommen wir mit dem Schrecken davon. Auf erhöhtem Niveau sind die Kurzzeitverluste mittlerweile komplett aufgeholt worden. Dies ist zumindest eine Ansage. Als Konsequenz verbessern sich die Aussichten auf eine Fortsetzung der zarten Rallye. Am Ölmarkt kehrt etwas Ruhe ein. Bisher läuft die Verteidigung des kleinen Comebacks. Unterstützung erfolgt von unerwarteter Seite. Ein wichtiger Ölanlagefonds erhielt Anfang Dezember die größten Mittelzuflüsse des ablaufenden Jahres. Dadurch bleibt eine Stabilisierung möglich.
Zinsanhebungen und harte Worte
Mit der zuletzt erlebten Gemütlichkeit war es nach den Zinserhöhungen (0,5%) in Europa sowie den Vereinigten Staaten am Rentenmarkt vorbei. Investoren befürchten, dass Anhebungen der Zinssätze weit in das folgende Jahr hineinreichen. Der Hoffnung auf eine Abkehr von der bisherigen Politik wurde ein Dämpfer erteilt. Dadurch stürzte der Bund-Future von über 140 Zählern auf 135 regelrecht ab. Die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen klettert auf 3,68 Prozent p.a., liegt aber deutlich unter den Höchstständen von 4,00% p.a. Jetzt müssen die Märkte die gesprochenen Worte einpreisen. Eine Erholung der Anleihekurse steht im Raum.
In eigener Sache
Ich bedanke mich auf das Herzlichste bei allen Kunden sowie Lesern für das zusätzliche Vertrauen in unglaublichen Zeiten, Ihre Treue und die angenehme Zusammenarbeit. Nun wünsche ich Ihnen ein besinnliches Weihnachtsfest im Kreise Ihrer Familien sowie ein gesundes Jahr 2023. Die nächste Kolumne erscheint am 04.01.2023. Euer/Ihr Sören Weigelt