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Die nächste Nervenprobe steht an

Börsenexperte Sören Weigelt berät Sie gerne rund um die Themen Börse, Aktien und Co. Schreiben Sie uns!

In der zurückliegenden Woche fiel der Deutsche Aktienindex exakt bis zum bisherigen Jahrestief. Bei 12.400 Punkten erfolgte pünktlich eine Kehrtwende, die uns an die Marke von 13.000 führte. Technisch erscheint so ein Verlauf wie aus dem Lehrbuch. Ein zweites Standbein wurde am Tiefpunkt ausgebildet, damit erhält die Unterstützung eine Verstärkung. An dieser Grenze fallen folglich wichtige kurzfristige Entscheidungen. Soweit stellt dies die Technik in der Theorie dar. Praktisch kommt das Ganze erst auf den Prüfstand. Zwei neue Stresstests laufen seit Montag für alle Aktienmärkte. Deutschland wurde seitens Russlands der Gashahn abgedreht. Solche Botschaften erreichen uns auf der Titelseite der Zeitung mit den vier Buchstaben. Komplette Wahrheiten stehen im Kleingedruckten. Auf der einen Seite handelt es sich um die seit Jahren übliche Wartung der Erdgasleitung. Zum anderen erhält unser Land über eine Pipeline, die durch die Ukraine führt, weiterhin Lieferungen im Umfang der vergangenen Tage. Trotzdem verunsichern solche Meldungen verunsicherte Menschen nur noch weiter. Das blanke Entsetzen wird demzufolge beim gestern veröffentlichten ZEW-Index widergespiegelt. Bei dieser Umfrage erfolgt die Darstellung eines Stimmungsbildes unter Finanz- und Börsenexperten. Im Juli stürzten die Erwartungen ins Bodenlose, zuletzt mussten wir ähnliche Zahlen im März 2020 zu Beginn der Corona-Krise verkraften. Parallel zu diesen Schieflagen beginnt die Quartalsberichtssaison der Unternehmen. Mit viel Furcht und Spannung erwarten uns aktuelle Geschäftszahlen sowie die Ausblicke des jeweiligen Managements. Wer kann mit Intelligenz, Mut, Kreativität, Weitblick sein Unternehmen durch die unendlichen Herausforderungen unserer Zeit mit möglichst geringem Schaden führen? Es wird, wie in jeder Krise Gewinner und Verlierer geben, die nächste Härteprüfung für alle Aktiengesellschaften ist eingeläutet. Große Kursschwankungen in beide Richtungen sollten nach der Zahlenpräsentation bei der entsprechenden Firma die Regel sein. Obwohl fast alles für den totalen Marktzusammenbruch spricht, steht der DAX nicht wesentlich tiefer und 50 Prozent über dem schlimmsten Corona-Stand von 8.600. Einige Investoren gehen also von zukünftigen Verbesserungen oder Lösungen aus. Zusätzlich sehen sie in der Aktieninvestition trotz erheblicher kurzfristiger Risiken eine höhere Solidität als in einer stark angeschlagenen Papierwährung. In 10 bis 14 Tagen wird die aktuell wichtigste Frage zur Wiederaufnahme der Erdgaslieferung geklärt sein. Bis dahin dürfte die Zerreißprobe unzähliger Nervenkostüme anhalten.

Rohstoffe tauchen von Kriegshöhen ab

Sämtliche Rohstoffe durchlaufen die fällige Korrektur. Überall wurden in den Kurscharts Fahnenstangen ausgebildet, die nun einer Normalisierung unterliegen. Trotz Krieg sowie Energiekrise traf es sogar Erdöl als auch Erdgas. Kupfer, Nickel & Co rauschten 30 bis 50 Prozent in die Tiefe. Edelmetalle verlieren ebenso, die Abschläge fallen im Vergleich zu den Industrierohstoffen glimpflicher aus. Kommen aus diesem Sektor bereits die eindeutigen Signale für die unausweichliche Rezession? Nicht unbedingt. Schauen Sie sich gerne die einzelnen Charts an. Dort veranschaulichen die Kurven den Abbau der Überspekulation sowie die Rückkehr in den alten Trend. Dieser ist aufwärts gerichtet, aber weniger steil.

Alles in Renten

Seit mittlerweile zwei Wochen ist der meistbeachtete Trend des Jahres 2022 auf den Kopf gestellt. Angst, Panik sowie Kopflosigkeit bieten dafür die Plattform. Ein Großteil der Erlöse aus den Verkäufen anderer Anlageklassen wie Aktien, Rohstoffe, Kryptowährungen und Immobilien finden ihren Weg zu Anleihen. Dadurch steigen die Kurse festverzinslicher Wertpapiere, die Renditen fallen. Nachdem die Umlaufrendite in Deutschland im Juni bis auf 1,5 Prozent p.a. hochlief, stehen nun 0,95% p.a. auf dem Ticker. Es stellt einen satten Abschlag von knapp 40 Prozent dar. Solange alle Nervositäten anhalten, bleibt der Zinsanstieg am langen Ende vorerst gestoppt. Dem Vorhaben der Notenbanken, die kurzfristigen Zinsen weiter anzuheben, tut das ganze keinen Abbruch.

Die nächste Nervenprobe steht an
Zum Autor: Sören Weigelt verfügt über 25 Jahre Berufserfahrung in der Finanzindustrie. Seine Leidenschaft ist die Börse. Bevor er die Mitteldeutsche Vermögensberatung Weigelt & Co. GmbH gegründet hat, war er von 2006 bis 2011 als Vermögensverwalter und zusätzlich zwischen 2006 und 2008 als Mitglied des Vorstandes der Adlatus AG tätig. In den Jahren 2002-2006 verantwortete er als Geschäftsführender Gesellschafter die Vermögensverwaltung in der Adlatus GmbH. Er ist Mitbegründer der Adlatus GmbH. Als Wertpapierspezialist bei der HypoVereinsbank AG in Chemnitz betreute er von 1997-2002 ein Kundenvermögen von EUR 100 Mio. Zusätzlich war er zwischen 2000 und 2002 als Leiter der Wertpapierabteilung sowie als Stellvertretender Leiter der Vermögensanlage Sachsen tätig. Er führte ein Team von 40 Mitarbeitern in verschiedenen Filialen. Eine Auszeichnung als einer der erfolgreichsten Individualkundenbetreuer erfolgte im Jahre 2000 in Form eines Auslandsaufenthalts bei der HypoVereinsbank AG in New York. Sören Weigelt begann seine Karriere nach Abschluss der Lehre zum Bankkaufmann als Kundenberater (1991-1993) und im Anschluss als Individualkundenbetreuer (1995-1997) in der Bayerische Vereinsbank AG. Sören Weigelt verfügt über einen Abschluss der Bankakademie Frankfurt/M. als geprüfter Bankfachwirt. Er ist auch Vortragsredner und Kolumnist.