Der Handel vom zurückliegenden Donnerstag wird in guter Erinnerung bleiben. Bereits Mitte der Woche zeigten Investoren extreme Nervosität. In den Vereinigten Staaten standen wichtige Inflationsdaten auf der Agenda. Zum Showdown kam es abschließend durch die Veröffentlichung der Teuerungsrate (Konsumentenpreis-Index) für den September 2022 mit 8,2 Prozent. Da die mehrheitlichen Prognosen von nur 8,1 Prozent ausgegangen waren, erfolgte zum Handelsstart ein flächendeckender Abverkauf. Der bekannte Dow-Jones-Index verlor zu Beginn fast 1.000 Punkte, um dann im Tagesverlauf vom Tief rund 1.400 Zähler zuzulegen. Von, zu Tode betrübt bis himmelhoch jauchzend beschreibt es am treffendsten. Mit so einer Aufholjagd sendet der Markt ein Achtungszeichen. Am Ende war der Rückgang der Inflation entscheidender als die leicht verfehlte Dimension. In der Folgezeit lockte das Ganze weitere Käufer an. Bei unserem DAX hielt mit Ach und Krach die 12.000, jetzt liegt ein ordentlicher Abstand dazwischen. Natürlich ruft dies die Skeptiker auf den Plan, die eine erneute Bärenmarkt-Rallye ausrufen. Nach deren Meinung wäre es mit dem Aufschwung ganz schnell wieder vorbei. Selbstverständlich haben sie dafür viele Gründe auf der Hand. Aus meiner Sicht besteht hingegen die Chance, für eine nachhaltigere Erholung. Sogar eine Jahresendaufwärtsbewegung liegt im Bereich des Möglichen. In Kriegszeiten bleibt das Fundament viel instabiler, das ist klar. Jeder Tag kann durch bisher nicht aufgetretene Eskalationen einen neuerlichen Rückschlag bringen. Trotzdem bieten sich zahlreiche, unentdeckte Chancen. Im vierten Quartal des Jahres, liegt aus historischer Sicht betrachtet, oft einer der stärksten Börsenzeiträume. Vor der Erholung lagen etliche Kurs-Gewinnverhältnisse auf dem deutschen Kurszettel bei unsagbaren 6 bis 8. Das ist spottbillig. Mittlerweile kommen die ersten Inflationsraten von ihren Spitzen zurück. Hier entsteht verzögert eine Fantasie, dass die Notenbanken im Jahr 2023 nicht mehr so stark auf das Zinspedal treten. Die Haupttreiber wie Gas und Strom befinden sich inzwischen auf dem Rückmarsch. Auf Sicht von zwei Jahren versprechen Aktien eine deutlich höhere Rendite als Anleihen. Investmentfonds verfügen über hohe Barbestände, geraten immer stärker unter Zugzwang. Von übergeordneter Bedeutung bleibt nebenbei die laufende Berichtssaison. Hier gibt es ermutigende Anzeichen. Einige Firmen erfüllen trotz aller Krisen ihre Prognosen oder erhöhen diese sogar. In Summe aller Fakten kann ein versöhnlicher Jahresausklang stattfinden. Der geschundenen Anlegerseele würde dies unheimlich gut tun.
Zinsängste bleiben noch vorherrschend
Ordentliche Ausschläge erfuhren die Edelmetalle. Leider konnten die wichtigen technischen Zonen nicht zurückerobert werden. Dafür zeichnet sich seit Ewigkeiten eine leichte Entspannung innerhalb der Terminmärkte ab. Unter privater sowie institutioneller Seite gewinnen Kaufkontrakte endlich ein Übergewicht. Was das am Ende wert ist, muss die Praxis zeigen. Eine zwischenzeitliche Stärke des Euro gegenüber dem US-Dollar konnte nur kurzfristig Rückenwind verleihen. Zu groß bleibt die Angst vor den knallharten und rigorosen Lenkern der US-Notenbank. Alle übrigen Rohstoffe, versuchen nach den herben Rückgängen einen Boden auszubilden. Daraus könnte vorerst ein längeres Seitwärtsgeschiebe entstehen.
US-Notenbank in der Zwickmühle