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Eine Atempause bleibt wünschenswert

Börsenexperte Sören Weigelt berät Sie gerne rund um die Themen Börse, Aktien und Co. Schreiben Sie uns!

Bei rund 15.240 Punkten stoppte vorerst die seit Monaten andauernde Aufholjagd beim Deutschen Aktienindex. Das vorgelegte Tempo kann als rasant beschrieben werden, wobei mit dem Jahreswechsel eine zusätzliche Beschleunigung vor sich ging. Neue Gelder sowie strategische Positionierungen trieben die Kurse an. Die Mehrheit der Investoren wurde komplett auf dem falschen Fuß erwischt. In Summe legte unser DAX satte 28 Prozent vom Septembertief 2022 zu. So eine Entwicklung kann nicht einfach linear fortgeschrieben werden. Es wäre zu einfach, das betone ich hier immer wieder an dieser Stelle. Als Folge ergibt sich zwischenzeitlich die Notwendigkeit von Konsolidierungen, die in der Regel einen Zeitrahmen von mehreren Wochen in Anspruch nehmen können. Dabei steht im „schlimmeren“ Fall ein Korrekturrisiko von 7 bis 10 Prozent im Raum. Dies wäre nicht schön, müssen wir aber aushalten. Alternativ kann eine überkaufte Marktlage über eine Seitwärtsbewegung abgebaut werden. Solche möglichen Verläufe mit hektischen Verkäufen und anschließenden Rückkäufen zu begleiten, ist zu riskant. Das Timing wäre ein reines Glücksspiel. Vielmehr würde der eventuelle temporäre Abschwung eine weitere Einstiegschance für die Zukunft darstellen. Dafür halten wir Liquidität vor oder können Umschichtungen aus Rentenanlagen vornehmen. Etliche Börsianer verharren an der Seitenlinie, warten auf baldige Investitionsgelegenheiten. Das sollte den Markt nach unten absichern. Bei den Kapitalsammelstellen, wie Fonds, Versicherungen und Pensionskassen, fallen extrem niedrige Aktienquoten in den Portfolios auf. Dort herrscht Anlagedruck, es sollten die Käufer von morgen sein. So ganz nebenbei fallen interessante Beobachtungen auf. Früher gab vor allem die Stahlbranche einen zuverlässigen Frühindikator für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung ab. Im Wandel der Zeiten stand hier eine entscheidende Veränderung an. Nun erkennen wir am Zustand der Chipindustrie die Richtung für ökonomische Zyklen. Die Signale sind ermutigend. Massive Investitionen zum Kapazitätsaufbau versprühen Hoffnung. Die Aktien der genannten Branche preschen vorwärts, nehmen damit eine baldige Wiederbelebung auf mehreren Ebenen vorweg. Dem entgegen steht ein vollkommen neues Marktrisiko. Mit der Lieferung von Kampfpanzern kann eine Kriegseskalation nicht mehr ausgeschlossen werden.

Der Glanz ist zurück

Zum vierten Mal in Folge schwappten laut der US-Aufsichtsbehörde CFTC mehr Kauf- als Verkaufsorders für Gold über die Terminmärkte in die Auftragsbücher. Zuletzt wurde nur ein größerer Optimismus im Juni 2022 gemessen. Von den Technik- und Stimmungsindikatoren ausgehend, ruft dieser Sachverhalt nach einer Abkühlung. Bedeutende Unterstützung erhält der Trend noch vom wichtigsten Währungspaar. Der Euro klettert auf ein Neunmonatshoch gegenüber dem US-Dollar. Demzufolge steigt die Attraktivität von Goldanlegen, die in der US-Devise notiert werden. Silber hängt dem großen Bruder in der Entwicklung nach. Ein konjunktureller Aufschwung in absehbarer Zeit würde dem, Abhilfe verschaffen. In der Industrie nimmt Silber einen viel höheren Stellenwert ein. Öl steht entgegen jüngsten Prognosen an der Schwelle zu 90 USD. Ein neuer Schwächeanfall ist nicht in Sicht. Das Reich der Mitte mit seinen 1,5 Milliarden Einwohnern schürt die Spekulation wegen zukünftiger Nachfrageschübe an. Durch die Abkehr von der Null-Covid Politik in China wurde diese Vision geboren.

Gemüter kommen langsam zur Ruhe

An der Preisfront für verschiedene Wirtschaftsgüter zieht eine gewisse Normalisierung ihre Kreise. Die kriegsbedingten Fahnenstangen korrigieren folgerichtig nach unten. Trotzdem hält es die Notenbanker nicht davon ab, ihre gebetsmühlenartigen Warnungen zu wiederholen. Jetzt fühlte sich die EZB-Chefin dazu berufen. Im Euroraum müssten die Zinsen weiterhin stark angehoben werden, um die dramatische Inflation zu bekämpfen. Dass die Teuerung bereits auf dem Rückzug ist und sie sich wegen der Südeuropastaaten in einer unlösbaren Zwickmühle befindet, fand keinerlei Erwähnung. Alle Kapitalmärkte ließen diese Äußerungen bisher abermals kalt.

Eine Atempause bleibt wünschenswert
Zum Autor: Sören Weigelt verfügt über 25 Jahre Berufserfahrung in der Finanzindustrie. Seine Leidenschaft ist die Börse. Bevor er die Mitteldeutsche Vermögensberatung Weigelt & Co. GmbH gegründet hat, war er von 2006 bis 2011 als Vermögensverwalter und zusätzlich zwischen 2006 und 2008 als Mitglied des Vorstandes der Adlatus AG tätig. In den Jahren 2002-2006 verantwortete er als Geschäftsführender Gesellschafter die Vermögensverwaltung in der Adlatus GmbH. Er ist Mitbegründer der Adlatus GmbH. Als Wertpapierspezialist bei der HypoVereinsbank AG in Chemnitz betreute er von 1997-2002 ein Kundenvermögen von EUR 100 Mio. Zusätzlich war er zwischen 2000 und 2002 als Leiter der Wertpapierabteilung sowie als Stellvertretender Leiter der Vermögensanlage Sachsen tätig. Er führte ein Team von 40 Mitarbeitern in verschiedenen Filialen. Eine Auszeichnung als einer der erfolgreichsten Individualkundenbetreuer erfolgte im Jahre 2000 in Form eines Auslandsaufenthalts bei der HypoVereinsbank AG in New York. Sören Weigelt begann seine Karriere nach Abschluss der Lehre zum Bankkaufmann als Kundenberater (1991-1993) und im Anschluss als Individualkundenbetreuer (1995-1997) in der Bayerische Vereinsbank AG. Sören Weigelt verfügt über einen Abschluss der Bankakademie Frankfurt/M. als geprüfter Bankfachwirt. Er ist auch Vortragsredner und Kolumnist.