Seit März diesen Jahres bewegen sich die Aktienmärkte unter den schwierigsten Rahmenbedingungen der letzten sieben Jahrzehnte in einer engen Handelsspanne auf hohem Niveau. Selbst in der gesamten Börsengeschichte gibt es nur wenige sinnvolle Vergleichsmöglichkeiten zur vorherrschenden Situation. Unser Deutscher Aktienindex bewegt sich dabei in einer schmalen Bandbreite von 15.500 bis 16.500 Punkten. An der unteren Grenze fanden regelmäßig Käufe statt, die einen deutlicheren Rückgang verhinderten. Wir befinden uns mitten in einem Paradoxon. Aufgrund der Nachrichtenlage könnten die wichtigsten Aktienindizes bis zu 20 Prozent tiefer stehen, tun es aber nicht. Alle Börsianer warten auf den Crash. Manche Profis wetten mit riesigen Summen darauf. Wenn zu viele Menschen von so einem Ereignis ausgehen, kann auch das Gegenteil eintreten. Zum jetzigen Zeitpunkt agieren Bullen (Optimisten) und Bären (Pessimisten) auf Augenhöhe. Keine der Parteien errang bisher einen Sieg. An der Unterstützung von 15.500 Punkten fällt die Entscheidung für den kurzfristigen Trend beim DAX. Im Fokus der laufenden Woche stehen der ZEW-Index, die Verbraucherpreise aus den Vereinigten Staaten sowie die Zusammenkunft der Notenbanker der EZB. Für alle drei wichtigen Ereignisse gilt wie immer ein Grundgesetz der Börse. Nicht der Nachricht an sich gebührt die größte Bedeutung, sondern der Reaktion des Publikums auf eben diese Neuigkeit. Ein weniger schlechtes Umfrageergebnis des ZEW (Zukunftserwartung von Anlegern und Analysten) sorgte für keine positiven Kursreaktionen. Jetzt müssen es die Preisdaten am Nachmittag in den USA oder die Aussagen von Frau Lagarde zur Zinspolitik richten. Zuversichtliche Investoren setzen auf eine sanfte Landung der Volkswirtschaften. Dafür braucht es die Mithilfe von Notenbank und Politik. Das dynamischste „Konjunkturprogramm“ für die kommenden zehn Jahre stellt die Etablierung von Künstlicher Intelligenz dar. Alle Branchen erhalten einen Wachstumsbeschleuniger, der selbst die Erfindung des Internets in den Schatten stellen sollte.
Notenbanken bleiben auf der Käuferseite
Nach einem Schwächeanfall bekommen die Edelmetalle etwas die Kurve. Dementsprechend behauptet Gold einen Abstand zur Unterstützung von 1.900 USD, Silber kämpft um die Marke von 23 USD. In der laufenden Woche fallen spannende Prüfungen an. Aus den Vereinigten Staaten erwarten uns frische Inflationsdaten. Zudem gehen von der Notenbanksitzung der Europäischen Zentralbank Impulse aus. Während etliche Parameter täglichen Veränderungen unterliegen, bleibt eine Konstante. Die chinesische Notenbank setzt ihre Investitionen in das gelbe Metall den zehnten Monat in Folge fort. Im August erhöhte sie ihren Bestand um 28 Tonnen. Damit sehen wir den deutlichsten Monatszuwachs seit Dezember 2022. Das Reich der Mitte möchte seine Abhängigkeit vom US-Dollar permanent reduzieren. Demzufolge gibt es Verkäufe in der amerikanischen Devise, die dann in Gold eine Reinvestition finden. Es handelt sich um ein strategisches Investment. Folglich sollten die Käufe in der Zukunft beständig bleiben. Silber bildet den originären Markt nur spärlich ab. Nach neuesten Erkenntnissen weitet sich das Angebotsdefizit aufgrund der ökologischen Wende dramatisch aus. Vor allen Dingen die Solarindustrie (Panels) braucht den knappen Rohstoff. Wer beseitigt wann den unbegreiflichen Deckel auf dem Preis? Öl konnte die Marke von 90 USD hinter sich lassen. Ein nächstes Kaufsignal liegt in der Luft. Die bevorstehend kalte Jahreszeit sowie die Förderkürzungen entfalten ihre Wirkung.
Zinsmärkte rücken erneut in den Mittelpunkt
Am morgigen Donnerstag finden die europäischen Zentralbanker auf ihrer turnusmäßigen Sitzung zusammen. Für die Marktbeobachter galt eine weitere Zinsanhebung als ausgemachte Sache. Der wichtigste Leitzins in der Eurozone steht seit August bei 4,25 Prozent. Nun sollten es bald 4,50 Prozentpunkte sein. Schwache Signale aus der Wirtschaft ermöglichen auch eine eventuelle Zinspause. Niemand lässt sich deswegen in die Karten schauen. Wie bei den amerikanischen Kollegen lastet enormer Druck auf den Währungshütern. Dabei geht es um einen fast unmöglichen Spagat. Mit den Zinsverteuerungen muss die ausgeuferte Inflation wieder in normale Bahnen gelenkt werden. Der Zins stellt aber eben auch den Preis für Geld dar. Wenn Geld mehr kostet, hinterlässt dies Bremsspuren in der Wirtschaft sowie an der Börse. In der desolaten Wirtschaftslage bräuchte es ein glückliches Händchen verbunden mit ökonomischem Sachverstand. Eine Überreaktion bei den Zinsstraffungen würde der ohnehin angeschlagenen Konjunktur sprichwörtlich den Rest geben.