Fast alles sieht erneut nur nach einer sogenannten Bärenmarktrallye aus. Damit ist eine kurze Erholung in einem Abwärtstrend gemeint. Tatsächlich wiederholt sich dieses Spiel seit dem Jahreswechsel regelmäßig. Ein Schritt hoch und zwei Schritte runter, so sieht die Nervenzerreißprobe in der Praxis aus. Jeder neue Hoffnungsschimmer wird im Anschluss rigoros abverkauft. Häufig gibt es dafür einen Auslöser, muss es aber nicht. Im aktuellen Fall mutierte der Arbeitsmarktbericht der Vereinigten Staaten vom Freitag zum Spielverderber. Dieser dämpfte die Fantasie auf eine nicht mehr so straffe Geldpolitik. Von mehreren Seiten werden die Börsen regelrecht in den Schwitzkasten genommen, da bleibt kaum Luft zum Atmen. Neben den bekannten Krisen kommen sogar neue Risiken hinzu. Mit den Hilfspaketen unserer Regierung wegen ausufernder Energiepreise wurde die Bevölkerung ruhig gestellt, um soziale Unruhen zu vermeiden. Neue Gasvorkommen zum Füllen der Speicher bringen diese Maßnahmen nicht. Bei einem normalen Winter sind die Vorräte Ende Februar bis Mitte März aufgebraucht. So ganz nebenbei sinkt ein ehemaliger Star am Bankenhimmel, scheint dem Untergang geweiht. Dem zweitgrößten Kreditinstitut der Schweiz, der Credit Suisse, droht nach zahlreichen groben Managementfehlern in den vergangenen Jahren sogar die Pleite. Mit allen Mitteln muss dieses Ereignis vermieden werden. Aus der Erfahrung mit Lehman Brothers sollten Politik sowie Wirtschaft eindringlich gewarnt sein. Eine ungeahnte Kettenreaktion in alle Bereiche wäre die unausweichliche Folge. Natürlich kommt diese Neuigkeit zur Unzeit, die vorhandenen Krisen verschärfen jedoch die Situation innerhalb der gesamten Bankenszene. Ausweglosigkeit macht sich unter den Investoren breit. Dies führte dazu, dass in den USA zuletzt 89 Milliarden US-Dollar Zuflüsse in Geldmarktfonds gemessen wurden. Es kommt einer Kapitulation gleich, ähnliche Verschiebungen gab es im April 2020. Fast jeder hatte das Handtuch geschmissen, seine Aktien verkauft. Danach begann das Unfassbare, der Markt drehte bald nach oben. Insgesamt sieht die derzeitige Perspektive noch hoffnungsloser aus als die zu Beginn der Corona-Pandemie. Trotzdem steht der DAX jetzt bei rund 12.000 Punkten, damals im Verlauf bei 8.300. So ein banaler Fakt spricht für die jetzige Stärke. Skeptiker sehen unseren Index im vierstelligen Bereich. Natürlich ist auf dieser Welt alles möglich. Manchmal muss es erst richtig Nacht werden, ehe der Tag anbricht. In diesem Fall würden wir massiv als Käufer auftreten, es wäre eine unglaubliche Chance. Durch die vielen Kontraindikatoren bewegen wir uns näher an der Wende, als es die Masse zu glauben vermag. Eine erste Entspannung bei den Inflationszahlen in den folgenden Wochen könnte ein Startschuss dafür sein.
Wie gewonnen, so fast zerronnen
Für die Edelmetalle ist es nur ein kurzer Ausflug in höhere Gefilde gewesen. Zusätzlich aufkommende Zinsängste durch die Arbeitsmarktdaten verbunden mit einem anziehenden Dollar lösten größere Verkäufe aus. Dadurch befinden wir uns knapp unter den entscheidenden technischen Hürden (Gold 1.680 USD, Silber 20 USD). Eine schnelle Rückeroberung wäre von erheblicher Bedeutung für eine Beruhigung der Gemüter. Um die Kurse von Gold & Co auf ein nachhaltigeres Fundament zu stellen, braucht es eine Verlangsamung bei der Inflation. Diese liegt demnächst im Bereich des Möglichen, sind doch zahlreiche Rohstoffpreise zuletzt deutlich von ihren Spitzenkursen zurückgekommen. Solche Veränderungen wirken immer erst mit einer gewissen Verzögerung. Unbestätigten Berichten zufolge tritt China als großer Goldkäufer am Markt auf. Weitblick bleibt gefragt. Wegen zukünftigen Sparzwängen sowie einer Konjunkturabkühlung ist eine fortsetzende Schwächung der übrigen Rohstoffpreise die wahrscheinlichste Option.
Größte Nervosität am Zinsmarkt
Mit den Neuigkeiten zur US-Jobsituation nimmt der übergeordnete Trend abermals Fahrt auf. Den Experten sieht der Arbeitsmarkt zu robust aus. Diese hätten sich über weniger neu geschaffene Arbeitsplätze gefreut. Auf den ersten Blick klingt dies unglaublich, in solchen Zeiten ist es die eigene Logik der Börse. Eine schwächelnde Beschäftigung würde möglicherweise die Federal Reserve von ihrem harten Zinskurs abbringen. Noch ist es nicht so weit. Mit 135 Punkten erreicht der Bund-Future ein Mehrjahrestief, US-Anleihen mit 10 Jahre Laufzeit sehen bald wieder die 4 vor dem Komma. Inzwischen mehren sich die Gegner der US-Notenbank. Cathie Wood, eine bekannte Fondsmanagerin, kritisiert deren Arbeit in einem offenen Brief auf das Schärfste. Ein anderer bedeutender Ökonom sieht ebenfalls den Höhepunkt der Inflationskurve als überschritten an. Folglich sollte die FED den Fuß vom Gaspedal nehmen, um die Wirtschaft vor einem baldigen Absturz zu retten.