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Ein Halbjahr zum Vergessen

Börsenexperte Sören Weigelt berät Sie gerne rund um die Themen Börse, Aktien und Co. Schreiben Sie uns!

Knapp unter 13.000 Punkten verebbte die jüngste Verkaufswelle beim Deutschen Aktienindex. Nun muss diese neue Marke als Grenze herhalten. Alle technischen Indikatoren rutschten durch die letzte Panik in den stark überverkauften Bereich. Angstmessungsbarometer wiesen extreme Furcht aus. Solche Fakten führen unweigerlich zu einer Atempause. Jetzt sehen wir seit wenigen Tagen eine Gegenbewegung. Selbstverständlich muss die Erholung als Bärenmarktrallye oder Bullenfalle vom Großteil der Kommentatoren bezeichnet werden. Als Konsequenz würde der Trend der letzten Monate mit einem Schritt nordwärts, gefolgt von zwei Schritten nach unten fortgesetzt. Demzufolge steht während der nächsten Handelstage ein echter Qualitätstest an. Keine Neuigkeit gibt aktuell etwas her, den Teufelskreis zu durchbrechen. So fiel auch der deutsche GfK-Konsumklimaindex auf ein neues Rekordtief, dieses unterbietet sogar den bisherigen Negativwert aus den Anfangszeiten der Pandemie. Damit hilft nur ein vorausschauender Blick in die nähere Zukunft. Im zweiten Halbjahr können wir mit einer Normalisierung/Glättung der Inflationsraten rechnen. Dies ist kein Zauberwerk, sondern einfache mathematische Statistik. Da die historischen Bezugsgrößen nun deutlich höher ausfallen, flacht die Kurve ab oder geht in den Rückwärtsgang. Natürlich bleiben Preise hoch, die andere Wahrnehmung kann hingegen negative psychologische Hürden aus dem Weg räumen. Unsere Industrie hat aufgrund des Auftragsbestandes zwei Jahre hervorragend zu tun, Lieferkettenprobleme sollten spätestens im 4. Quartal eine Entspannung finden. Hier wartet eine große Dynamik. Das Damoklesschwert bleibt natürlich die Erdgasfrage. In den Vereinigten Staaten besteht die Möglichkeit, dass durch ein riesiges Produktüberangebot mit Verzögerung deflationäre Tendenzen ausgelöst werden. Zu guter Letzt darf China nicht unerwähnt bleiben. Dort konnte der Aktienmarkt seit dem Tief zu einem großen Sprung ansetzen. Mit jedem Tag, an dem das erhöhte Niveau verteidigt wird, wächst die Chance auf einen nachhaltigen Trendwechsel. Der Aktienmarkt kündigt still an, die Ökonomie folgt. Auch unsere Wirtschaft würde die rückkehrende Stärke des zweitwichtigsten Handelspartners freuen. Deutsche Unternehmen können dann entstandene Lücken besser kompensieren. Am deutschen Aktienmarkt sollte dies zukünftig positive Spuren hinterlassen.Etliche Insiderkäufe In Übersee sowie auf dem alten Kontinent runden das Hoffnungsbild ab.

Verbote ohne Wirkung

Preise von Edelmetallen notieren im charttechnischen Niemandsland. Von den Ausbruchsniveaus, die ein Kaufsignal bedeuten würden, sind wir weit entfernt. Unterstützungslinien mussten keinen weiteren Test aushalten. Daran änderten auch zwei neue Fakten nichts. Auf dem G7-Treffen vereinbarten einige Staaten ein Importverbot für russisches Gold. Es folgte ein bescheidener Aufschlag von 10 USD beim Goldpreis, der sofort abverkauft wurde. Durch diese Maßnahme findet keine nennenswerte Verknappung des Goldangebotes statt. Beachtliche Aufstockungen führten Terminmarktprofis bei Silber durch. Das hat es lange nicht gegeben. Trotzdem kommt das Interesse bei der Bildung des Realpreises nicht an. Die folgenden Tage versprechen trotzdem Spannung. Für Öl gilt das Prinzip eines Ping-Pong-Balles. Zwischen Kriegspreis und Rezessionsangst wird dieser hin und her geschubst. Schwächere Notierungen behalten die höhere Wahrscheinlichkeit.

Angstinvestments am Rentenmarkt

Durch die gerade erlebten Verwerfungen an der Börse wurde eine Kaufpanik bei Anleihen ausgelöst. Den Bund-Future katapultierten die aufflammenden Sorgen von 142 auf 148 Zähler. Wie irrational doch Investoren, also Menschen in der Masse handeln. Trotz eines hektisch geschnürten Notfallpaketes zur Rettung des Euros flossen große Summen in den trügerisch „Sicheren Hafen“. Mit der Herrlichkeit ist es bereits vorbei. Der vor Monaten eingeleitete Trend ist zu stark, der Bund-Future verliert auf 145 Punkte. Wegen der Flickschusterei der Europäischen Zentralbank verkommt der Euro noch stärker zur Weichwährung. Wie das Abenteuer letztendlich ausgeht, steht in den Sternen. In der Geschichte gibt es keinerlei Vergleiche.

Ein Halbjahr zum Vergessen
Zum Autor: Sören Weigelt verfügt über 25 Jahre Berufserfahrung in der Finanzindustrie. Seine Leidenschaft ist die Börse. Bevor er die Mitteldeutsche Vermögensberatung Weigelt & Co. GmbH gegründet hat, war er von 2006 bis 2011 als Vermögensverwalter und zusätzlich zwischen 2006 und 2008 als Mitglied des Vorstandes der Adlatus AG tätig. In den Jahren 2002-2006 verantwortete er als Geschäftsführender Gesellschafter die Vermögensverwaltung in der Adlatus GmbH. Er ist Mitbegründer der Adlatus GmbH. Als Wertpapierspezialist bei der HypoVereinsbank AG in Chemnitz betreute er von 1997-2002 ein Kundenvermögen von EUR 100 Mio. Zusätzlich war er zwischen 2000 und 2002 als Leiter der Wertpapierabteilung sowie als Stellvertretender Leiter der Vermögensanlage Sachsen tätig. Er führte ein Team von 40 Mitarbeitern in verschiedenen Filialen. Eine Auszeichnung als einer der erfolgreichsten Individualkundenbetreuer erfolgte im Jahre 2000 in Form eines Auslandsaufenthalts bei der HypoVereinsbank AG in New York. Sören Weigelt begann seine Karriere nach Abschluss der Lehre zum Bankkaufmann als Kundenberater (1991-1993) und im Anschluss als Individualkundenbetreuer (1995-1997) in der Bayerische Vereinsbank AG. Sören Weigelt verfügt über einen Abschluss der Bankakademie Frankfurt/M. als geprüfter Bankfachwirt. Er ist auch Vortragsredner und Kolumnist.